⭐️ 5. Dezember ⭐️

⭐️ Wirbels Weihnachtswunder | Adventskalender 2022 ⭐️



Ich hab' die Tante zweiten Grades und den Onkel entdeckt, die ich vorgestern in der Kiste vermisst hatte; die Stricktante hat sie auf ihrem Schreibtisch und verstrickt sie gerade.
Die beiden sehen innerlich schon arg ausgemergelt aus.
Das ist aber nicht das einzige, das die Stricktante in Arbeit hat. Auf der linken Seite der Fensterbank liegt neben einem Mützenkopf ein angefangener Schal, den sie aber nicht mag, wie sie festgestellt hat. Der Bartträger hat schon den großen grauen Sack empfohlen und ich glaube, dort wird er auch landen (der Schal, nicht der Bartträger natürlich) - mir gefällt er nämlich auch nicht.
Auf der anderen Fensterbankseite liegt eine angefangener Socke und das so wunderbar weiche Glitzerdings, das so ein Mittelding zwischen Tuch und Schal werden soll. Die Stricktante hat erzählt, dass sie keine Ahnung hat, was sie mit einem knallbauen Glitzertuchschal soll, aber sie liebt ihn schon jetzt und das kann ich sehr gut verstehen.
Auf dem Sofa fristet ein ziemlich dickes Gewurstel sein Dasein, zumindest sieht es so aus. Eigentlich wird es aber auch ein Tuch, ein sehr schönes sogar, das die Stricktante schon zweimal gestrickt hat; es wird nur aus ziemlich dicker Wolle gestrickt, was für die Stricktante, wie sie erzählt hat, ganz ungewöhnlich ist.
In ihre Kisten hat sie mich auch schauen lassen; da liegt noch mehr Angefangenes. Zum Beispiel eine Art Poncho für kühle Wintertage, aber so ganz glücklich ist die Stricktante damit nicht. Irgendwie mag sie die Wolle nicht mehr, die sie dafür gekauft hat; seit sie meine Bobbelmama kennt, ist sie in puncto Wolle sehr anspruchsvoll geworden. Wir haben den Bartträger lieber nicht gefragt, was er dazu sagt; er wäre bestimmt wieder mit seinem grauen Sack angekommen.
In der alleruntersten Kiste haben wir das hier gefunden - ist das nicht schön? Das ist eine Decke aus Sockenwollresten, für die die Stricktante an Weihnachten vor zwei Jahren einen Gutschein an ihre Hamburger Kinder verschenkt hat. Damals war die Decke auch schon so groß - seitdem hat die Stricktante daran nicht mehr weiter gestrickt und ich verstehe überhaupt nicht, warum. Ich glaube, sie weiß es eigentlich auch nicht. Dabei hat sie eine ganze Kiste voll mit den fröhlich-buntesten Sockenwollresten, also eigentlich ideal, um an der Decke weiter zu stricken.
Wieder zurück in meiner Kiste habe ich meine Verwandten erst mal gefragt, ob die Stricktante eigentlich auch mal etwas fertig strickt und sie meinten, dass sie das ständig macht, allerdings würde sie auch immer wieder etwas Neues anfangen. Aber sie sind ziemlich sicher, dass irgendwann alles (bis auf die Graue-Sack-Kandidaten) fertig sein wird.

Ich finde das sehr beruhigend; ich habe ja immer noch die Hoffnung, dass sie aus mir auch etwas Schönes machen wird - dabei ist seit heute mein Beige-Blattgrün-meliert verschwunden. Aber ich mache mir keine Sorgen, dafür habe ich überhaupt keine Zeit. Dafür ist es nämlich viel zu interessant und spannend hier.