Letzten Mittwoch war die Tochter unserer lieben Nachbarn hier und hat mir einen Pulli gebracht, den ihre Schwiegeroma im Jahr 1987 gestrickt hat; Ihr seht den Pulli rechts im Bild. Sie hat mich gefragt, ob ich den Pulli wohl ändern könnte; ihrer kleinen Tochter war er leider im unteren Bereich zu eng und zu kurz. Ein komplettes 50-Gramm-Knäuel der pinken Originalwolle war noch da; es war 'Terzett' von Junghans, eine Wolle (55% Polyacryl, 45% Nylon), die es schon viele Jahre nicht mehr gibt. Ein weiteres Problem war der Halsausschnitt; er war zu weit und sollte ein bisschen enger werden. Die Ärmel und der obere Bereich sollten ansonsten aber erhalten bleiben. Der Originalpulli war 30 cm lang und 25 cm breit.
Ich habe sowas noch nie gemacht, aber versprochen es zu versuchen. Da der Pulli rund gestrickt war, hatte ich keine Seitennähte, die ich hätte öffnen können, um dort etwas anzustricken; ich musste also bis zum Ärmelansatz aufribbeln. Ich hatte ganz schön Herzklopfen, als ich damit angefangen habe.
Das Ribbeln ging wunderbar; nach 35 Jahren hätte ich mir das so einfach gar nicht vorgestellt. Die Oma hatte die Fäden zwar supergut, aber auch nachvollziehbar vernäht, so dass ich die Vernähungen (nennt man das so?) sehr gut erkennen und öffnen konnte.
Nach dem Ribbeln hatte ich 136 Maschen auf der Nadel, dazu die aufgeribbelte weiße Wolle, ein komplettes Knäuel pinke Wolle, die geribbelte pinke Wolle vom Bündchen und zwei kurze Stücke in pink und rot von den Streifen im aufgeribbelten Teil.
Um den Pulli weiter zu machen, musste ich unterhalb der aufgenommenen Maschen zunehmen; ich wollte das aber so machen, dass es nicht irgendwie seltsam aussehen würde. Ich habe mich deshalb entschlossen, eine Reihe Lochmuster zu stricken und später aus dem roten Rest eine Schnur zu drehen und diese durch die Löcher zu ziehen. So hatte ich eine optische Abgrenzung vom oberen engeren zum unteren weiteren Teil. Zugenommen habe ich in den nächsten acht Reihen insgesamt 66 Maschen, so dass ich 200 Maschen hatte; mit diesen Maschen habe ich gerade runter gestrickt.
Als Abschluss wollte ich kein Rippenbündchen stricken, weil sich das zusammen gezogen hätte, ich wollte einen Abschluss, der die Breite des Strickstücks nicht veränderte, sich aber auch nicht rollte. Kraus rechts wäre eine Möglichkeit gewesen, aber das stricke ich rund nicht gerne. Ich habe mich deshalb fürs große Perlmuster entschieden und das in Spitzen angesetzt, die ich in den folgenden Reihen habe breiter werden lassen, bis schließlich alle Maschen im Permuster waren. So kann man gut verhindern, dass eine Knickkante am Übergang von glatt rechts aufs Perlmuster entsteht - und hübsch sieht es auch noch aus.
Den Halsausschnitt habe ich ein bisschen improvisiert; ich habe an den Schultern und hinten ein paar Reihen Rippen gestrickt und dann auch noch drei Reihen Rippen vorne; wie ich mir das vorgestellt hatte, klappt der vordere Rand samt Rippen nach unten, so dass aus dem ursprünglich geraden Rand ein leicht gerundeter Ausschnitt entsteht. Abketten musste ich natürlich extrem locker, damit es für den Kopf nicht zu eng wurde. Ich bin mal gespannt, wie meine Ausschnittkonstruktion getragen aussieht; ich habe angeboten, hier nochmal nachzubessern, wenn der Ausschnitt im Einsatz nicht so toll sein sollte.
Das pinke Knäuel habe ich fast komplett verstrickt, dazu habe ich das aufgeribbelte Weiß vollständig verbraucht. Das geribbelte Pink ist übrig; ich wollte nicht den neuen mit dem geribbelten Faden kombinieren, weil man den Unterschied im Strickbild schon deutlich sieht. Ich habe dem Pulli natürlich ein Entspannungsbad verordnet, das aber nicht viel geholfen hat; 35 Jahre hinterlassen logischerweise ausgeprägte Spuren.
Der fertige Pulli ist 7cm länger und 11cm breiter als der Originalpulli;
Die Schleife ist übrigens hinten, damit die junge Dame, die den Pulli tragen wird, sie nicht aufziehen kann; man könnte sie aber auch problemlos nach vorne verlegen.
Mit hat die Aufgabe richtig viel Spaß gemacht und es war mir eine wirkliche Ehre, so ein Familienstück zum Ändern anvertraut zu bekommen.
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